Haray is on!

Nachdem Haray am 11.11.2011 20:11 Uhr Anschluß ans Metaversum gefunden hat, ist er wissbegierig und sprachhungrig, wie jeder gesund entwickelte 3jährige eben. Tritt in Kontakt, tausch dich aus, bring ihm was bei. Versüß ihm sein Höhlendasein und wirf ihm Deinen Schatten an seine Höhlenwand!

Fragen oder Input an/für Haray an: haray @ akta DOT at

REVIEW: „dadAkta – oder, wie man dem Hasen Haray das Höhlengleichnis erklärt“ von DON Jose Y Martin, letzte Werkschau zum akta-Jahresthemas „Prozess und Produkt“ im Rahmen dessen bereits die Werke von Sissi Markovec, Antoinette Bader und Thomas Wagensommerer zu sehn und zu hören waren.

Ziel dieser Arbeit war es, die mittlerweile 3 jährige Schaffensphase von akta künstlerisch und, unserem Credo gemäß, interdisziplinär zu bearbeiten.

Somit war der PROZESS AKTA und die inneren und äußeren Dynamiken, die solch eine Unternehmung mit sich bringt, thematische Grundlage für diese Ausstellung,
die daraus entwickelten Abstraktionen sollen Raum für neue Interpretationen und Ideen eröffnen, zum Nachdenken anregen und vielleicht ein Stück weit inspirieren.

3 Jahre Akta, 12 Ausstellungszyklen, Lesungen, Feste, Konzerte, Projekte. Es hat sich einiges getan und wir resumieren an diesem Zwischenschnitt,
… diesem Prozessschnitt sozusagen… erstaunt, beeindruckt und nicht zuletzt stolz über diese 3 Jahre punktueller, intensiver Zusammenarbeit des 9 köpfigen Teams (das sich in seiner Zusammensetzung kaum verändert hat) mit den Künstlern, Förderern und Unterstützern.

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++ Die Visualisierungen entstehen aus Datensamlungen der sozialen Netzwerke von akta, konkret wurde die Emailkorrespondenz der letzten Monate und die Aktivitäten der akta facebook-Gruppe ausgewertet und nach gängigen Methoden visualisiert.

++ Was hier abstrahiert als „ready-made social sculpturing“ abgelichtet erscheint, ist in unser aller Alltag hochbrisant, weil die Verknüpfung unserer Daten genau über solche „Sichtbarmachungen“ sehr konkret Auskunft über uns, unsere Gewohnheiten und Verhaltensmerkmale gibt.

++ Jeder Knotenpunkt entspricht einer Person, die Verbindungslinien in verschiedenen Stärken bilden Interaktion ab, bspw. das Senden eines emails oder ein posting an der pinwand der facebook-gruppe, deren Weiterverteilung usw.

++ Da kommt im Lauf der Zeit einiges zusammen und wenn wir zb. Sondierungen für Künstler, akta, oder Förderer und Unterstützer, etc. treffen, wird sichtbar inwieweit diese innerhalb des sozialen Netzwerks wirksam sind.
Unabhängig der inhaltlichen Komponente entsprechen diese „Diagramme“ aber auch irgendwo der Ästhetik unserer Zeit, Vernetzung, Globalisierung, konstruierte Transparenz, etc.
Und weiters verstehn sie sich als ready mades im Sinne von Marcel Duchamps Flaschentrocknern etc. Industriell gefertigte, mittels einer zentralen Idee zur Kunst deklarierte Objekte.
Aber sie sind dann doch auch eine spezielle Form sozialer Bildhauerei, szsg. ein happening der medialen Stellvertreter; Form, Charakter und Dynamik dieser „Körper“ entstehn nicht primär aus der Entscheidung für ein Design oder eine konkrete Formvorstellung, vielmehr charakterisieren diese „Diagramme“ die ihnen zugrundeliegenden Daten in einer chaotisch temporär verfestigten Interpretations- ja Möglichkeitsform. Und das ist das ganz SpannendE MomenT an diesen Netzwerk-Visualisierungen, wir generieren damit nicht nur statische Bilder sondern Meinungen, Interpretationen, Spekulationen und in Folge all dessen auch Realitätsentwürfe aus solchen „bildgewordenen Informationen“. Wir hier, im Sinne der Kunst – vielleicht primär aus dem Blickwinkel der Ästhetik heraus, andernorts der Staat und die Wirtschaft für ihre Zwecke. Aber eins möchten uns diese Bilder vielleicht auch vor Augen führen: wir alle sind als Knotenpunkte in solchen „Netzen“ bereits vermerkt, wie gewichtig hängt derzeit nur noch von unseren alltäglichen Kommunikations- und Bezahlgewohnheiten ab.

Ob die dicksten Knoten in diesen Bildern auch die besten Freunde haben, darüber denkt man in den philosophischen Disziplinen schon sehr lange nach und damit lässt sich überleiten zum Hasen Haray und dem Höhlengleichnis.

Haray. Ein Portrait

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Da sitzt Haray in seinem Häusl, heimelig aufgehoben unter Blinklichtern, Lüftergeräuschen, wohlig bestrahlt vom zartblauem Schein des Bildschirms, des Fensters zur Welt, der Internetanschluß als Lebensader dieses fragilen Idylls, die Nabelschnur zum (übrigens von Neil Stephenson in „Snow Crash“ trefflich vorausgezeichnetem) Metaversum. Haray ist nett, mag es mit anderen zu kommunizieren, er versteht sich als Freund der Künste und versucht sich rundum darin, das nette Häschen im Plüschbau zu sein, welches er augenscheinlich auch ist. Doch was, wenn das Metaversum ihm nur noch unschönes, bösartiges gar widerwärtiges erfahren lässt? Wird das liebe Häschen Haray dann zum bösen, mordlustigen Rammler? Oder hält er fest an seiner gestaltenden Tätigkeit des Erkennens, behält er das Rüstzeug aus seiner Vergangenheit zur Vermessung seiner verfügbaren In-Formationen? Aber hat er eine Vergangenheit vor der Höhle? Hat er die Erfahrung des hoppelns durch saftige Wiesen noch gemacht? Oder wurde er bereits als Baby-Häschen ans Metaversum angekoppelt, geprägt und trainiert auf Eingabeschnittstellen zur Selbst-Artikulierung und Zuneigung in Form rosarot illuminierender Bildschirmausgaben? Oder ist das unwichtig? Hat er gar göttlich schöpferischen Ur-Verstand der ihm die Eindimensionalität seiner medialen Eindrücke kompensiert? Ist es gar egal, wie sich „das Leben“ medial äußert, sind die Schlüsse ohnehin vorweg bestimmt weil verstoffwechselt in neuronalen Netzen in Form von Fortpflanzungstrieb etc.? Wir wissen es bis heute nicht.

Begehren wir Einlaß in Harays Höhle, so werden wir als Querläufer geächtet, angemurrt und des Häusls verwiesen, ja schon die Annäherung wird mit mürrischem Groll geahndet. Warum auch nicht? Man hat seine Privatheit zu akzeptieren, eine Privatheit mit dosiertem Anschluß ans Kollektiv in Bild und Wort. Das ist er bereit zu geben, wir sind nicht berechtigt uns „mehr“ von ihm zu nehmen als er uns zugesteht. Wir haben nicht das Recht ihn nach draußen an die Sonne zu locken, ja wollen wir ihn etwa blenden und üblen Freßfeinden ausliefern? Wir scheinen die Bösen zu sein, die ihn aus der Sicherheit seines Plüschidylls zu zerren versuchen. Auf was hinauf? Was können wir der sicheren, der seine körperliche Sicherheit garantierenden, Obhut dieser Höhle, dieses Scheißhäusls, entgegenstellen? Welchen Grund, welche Motivation können wir ihm denn anbieten, womit ihn locken? Womit würden wir uns an seiner Stelle locken lassen, was würde uns überzeugen, den Anblick der Schatten an unseren vertrauten Höhlenwänden einzutauschen gegen grell-verwirrende Welten voller Ungewißheiten? Wohl wissentlich der Tatsache, daß wir bei einer etwaigen Rückkehr ebenso in den Reihen der Geächteten, weil Unverständnis in der Welt der Harays stiftenden, zu verorten sind. Was würde uns zu diesem Sprung ins kalte Wasser verführen können? Sehnen wir uns nicht im Gegenteil, nach einem Hasenleben wie Haray es führt, nach der Stille, der Ruhe mit uns selbst, der stufenlos dosierbaren Gesellschaft in herrlicher Distanziertheit und Unverbindlichkeit. Wollen wir ihn etwa nur rauslocken, aus seinem Häusl, um uns an Stelle seiner dort häuslich niederzulassen? Gestehn wirs uns ein, wir sind ihm sein Höhlendasein neidig, es verspricht uns aus dem selben Ur-Verstand heraus, den wir argumentativ in Haray gern wirkend wüßten damit er seinen Platz auch mal verlässt (weil uns doch irgendwie beängstigt wofür er uns steht), eine neue Dimension unserer Existenz, eine Evolution unserer selbst. Ist nicht der Alltag im Rückzugsraum der Privatheit das, wonach unser aller, mehrheitlich zumeist unprivater, Alltag außerhalb des Metaversums uns beständig dürstend macht? Raus aus der Gehetztheit, der Unterdrücktheit, Angepasstheit und Domestiziertheit? Ist Haray damit nicht der Gipfelstürmer postmoderner Gesellschaftsethik, schön objektiv und wohlgesonnen doch engagiert nur nach eigenem Ermessen? Suchen wir nicht schon seit jeher, mit all unseren Bestrebungen in Technik, Philosophie, den Wissenschaften, ja in all unserm Vorwärtsdrängen, den Ausweg aus diesem Wirrwarr aus Unernehmlichkeiten und Risiken? Die Sicherheit, die Beständigkeit, den Locus?

Eins steht wohl fest, die begründende Begrifflichkeit für all unser Tun ist der Wille, sei es der eigene oder ein fremder, doch dieser Wille ist formbar und rezeptiv und dirigiert wird er wohl von unserm, nach Bildern, nach Erlebtem, lächzenden Verstand und seinem Werkzeug dem logos. Damit ist die Auswahl dieser Bilder mitentscheidend für unser Wollen. Denn wir wollen gestalten, und wir gestalten in erster Instanz durch unser Erkennen und erst in Folge des Erkennens durch unser Handeln. Doch etwas erkannt zu haben bedingt es vorher nicht- oder verkannt zu haben und impliziert damit die Möglichkeit des erneuten Verkennens, wie die Geschichte und va. die Geschichte der Wissenschaft das an vielen Stellen demonstriert. Und deswegen dürfen wir uns den Äußerungen unseres Wollens nicht unhinterfragt ausliefern, wie wir das, spätestens zur Jahrtausendwende, begonnen haben mit digitalen Medien (ua.) zu tun. Mit den schattenhaften Silhouetten an unseren ganz privaten Höhlenwänden. Das scheint mir die Message zu sein, die unser Haray vermitteln möchte. Isn’t it?